Die Geschichte unseres Namengebers

Karl hätte das Karl geliebt
Eigentlich schade, dass Karl Echterhage das Café und Restaurant, das seinen Namen trägt, nicht mehr erleben und die nach ihm benannten Speisen nicht mehr kosten kann. Er wäre sicher Dauergast geworden, denn er liebte die Geselligkeit und gute Küche. Der „Karl“ hätte das Potenzial gehabt, zu seinem Lieblingscocktail zu werden, und das Genießerfrühstück hätte er sicher gerne mit seiner Elsa geteilt.
Viele Neuenrader werden sich noch an Karl erinnern. 1922 in Plettenberg-Holthausen geboren, zog er 1936 mit seinen Eltern und seiner Schwester nach Werdohl. Hier lernte er seine Frau kennen, hier wurden ihre fünf Kinder geboren.
Nach Neuenrade kam er, weil sich bereits zwei seiner Söhne dort angesiedelt hatten. Spätestens nach dem Umzug in die Südstraße fühlte er sich als Neuenrader. Mit Inbrunst sang er bald das Lied „Neuenrade, du mein Heimatort, wie lieb ich dich so sehr, niemals geh ich von dir fort, Herz, was willst du mehr!“ Ohne Sport und Musik konnte er nicht sein. Sportler und Musiker feiern gern und da war Karl in seinem Element. Die Musik pflegte er zusammen mit seiner Elsa in der Musikgruppe des SGV. Er spielte Mundharmonika, sie Blockflöte. Auf etlichen Reisen, an deren Organisation Karl meist intensiv beteiligt war, lernten sie mit dieser Gruppe Deutschland kennen und boten ihre Volksmusik einem großen Publikum dar. Vom Bodensee bis nach Sylt, wo sie in der Westerländer Strandmuschel auftraten, gingen die Touren.
Als Sportler war Karl in der ganzen Region bekannt. In seiner Jugend tat er sich als Leichtathlet hervor und spielte dann bei den Sportfreunden Holthausen und beim TUS Jahn Werdohl Fußball. Bei Freundschaftsspielen lernte er viele damalige Fußballgrößen kennen.
Ein Angebot von Eintracht Frankfurt in den Fünfzigerjahren lehnte er selbstverständlich ab. Die Heimat verlassen – niemals! Dem Fußball blieb er lange verbunden, als spielender „alter Herr“ und auch als Trainer.
Mit Mitte 40 machte der leidenschaftliche Fußgänger und Wanderer Karl nach vielen Überredungsversuchen seitens seiner Kinder den Führerschein. Das vergrößerte seinen Aktionsradius erheblich und er begann, sich an seine frühen Erfolge in der Leichtathletik zu erinnern. An vielen Sonntagen im Sommer machte er sich auf den Weg zu den Sportfesten vom Siegerland bis zum Ruhrgebiet. Als seine lange Sportlerkarriere um die Jahrtausendwende endete, war seine Medaillensammlung beeindruckend.
Charakteristisch für Karl war sein Bedürfnis, anderen Menschen eine Freude zu machen. So trieb er im Krieg, als es kaum noch etwas zu kaufen gab, immer mal wieder Kaffee für seine Mutter auf, die ein Tässchen Kaffee liebte. Als Funker überraschte er seine Mitsoldaten damit, dass er ihnen Verbindungen zur Heimat ermöglichte. In den 90er Jahren pflegte er den Kontakt zu Menschen in Russland.
Zweimal reiste er ins russische Nowgorod, mit vielen Geschenken im Gepäck. Frühmorgens setzte er sich auf eine Bank am Nowgoroder Bahnhof, sah dem Treiben zu und beglückte Kinder mit deutschen Bonbons.
Trotz normalem Arbeitseinkommen tat Karl für seine Kinder, was er konnte. Überhaupt liebte er Kinder. In der Nachbarschaft organisierte er Kinderfeste, an denen auch seine immer mehr werdenden Enkelkinder teilnahmen.
Dabei fehlte es nicht an Tüten mit Süßigkeiten, Luftballons, Kuchen und Limonade und kleinen Wettbewerben, bei denen man etwas gewinnen konnte. Hin und wieder tauchte er in der Grundschule auf und brachte den Kindern Geschenke.
Seine letzten vier Jahre verbrachte Karl in einer Pflegeeinrichtung für Demenzkranke in Hilchenbach, wo auch Tochter Karin wohnte. Er blieb auch hier ein zuversichtlicher Mensch, der den Augenblick genießen konnte, gern spazieren ging, Mundharmonika spielte und sang. Das Personal mochte ihn nicht nur, weil er sich für die geleistete Hilfe immer sehr bedankte.
Dass nun ein Neuenrader Restaurant seinen Namen trägt, hätte ihm sehr gefallen, da bin ich mir sicher.
Text: Karin Heymann, geb. Echterhage